Gemeinderatssitzung: Bericht im "Bgld. Volsblatt" vom 19. März 1951 unter dem Titel "Sozialistischer Anschlag auf die Oberwarter Gewerbetreibenden"

Gemeinderatssitzung: Bericht im "Bgld. Volsblatt" vom 19. März 1951 unter dem Titel "Sozialistischer Anschlag auf die Oberwarter Gewerbetreibenden"

Die Zeitung schreibt dazu: „Die sozialistische Partei trat bei den Gemeinderatswahlen mit einem reichen Wahlprogramm in den Wahlkampf. Es hat nicht an Versprechungen gemangelt. Ein Hauptversprechen lag darin, alles daranzusetzen, um die heimischen Handels- und Gewerbetreibenden zu schützen und zu fördern. Die Sozialistische Partei errang eine knappe Mehrheit und seither ist sie bestrebt, ihr Versprechen in die Tat umzusetzen. Bei der Gemeinderatssitzung am 11. Mai 1951 beschloß die SPOe gegen die Stimmen der OeVP die Einführung der Lohnsummensteuer. Umsonst waren die warnenden Stimmen der Gemeinderatsmitglieder Vizebürgermeister Granich, Schlossermeister Nicka und Kaufmann Varga. Diese verwiesen mit Recht auf die drückende Steuerlast und Vizebürgermeister Granich erinnerte den Bürgermeister an seine Antrittsrede, in der er versprach, keine Steuern zu erhöhen und keine neuen Steuern einzuführen. Gemeinderat Varga verwies auf die allgemeine Tendenz, die dahingeht, die Steuerlasten herabzusetzen und nicht zu erhöhen. Gemeinderat Nicka verwies auf die Gefahr, die sich nunmehr für die Oberwarter Handwerker ergibt, die gegenüber den Auswärtigen nicht mehr konkurrenzfähig sein werden. Gemeinderat Nationalrat Dr. Nemecz machte den Vermittlungsvorschlag, den Punkt von der Tagesordnung abzusetzen und diese Frage genau zu studieren, vor allem in der Richtung, in welcher Weise die einheimischen Wirtschaftstreibenden durch eine Lohnsummensteuer geschädigt wären. Auch dieser Vermittlungsvorschlag wurde abgelehnt. Die sozialistische Partei im Gemeinderat will die Oberwarter Wirtschaftstreibenden nicht anhören. - Der Gemeinderat behandelte dann im weiteren Verlaufe noch einige nicht wesentliche Angelegenheiten. Unter „Allfälliges” beging der sozialistische Bürgermeister Dkfm. Lemacher die Ungeschicklichkeit, den Gemeinderat Nationalrat Dr. Nemecz zu fragen, wie denn seine Aeußerung in der Wahlversammlung anläßlich der Anwesenheit des Bundesministers Dr. Hurdes in Oberwart zu verstehen sei, wonach „ortsfremde Elemente” die Macht in Oberwart übernommen hätten. Er bekam eine kurze, aber bündige Antwort. „Jeder vernünftige Mensch in Oberwart weiß”, so erklärte Nationalrat Dr. Nemecz, „daß ich mit dieser Aeußerung die Nicht-Oberwarter und auch Sie in Ihrer Person nicht beleidigen wollte und auch nicht beleidigt habe. Ich hätte aber als Oberwarter viel lieber gesehen, wenn die Sozialistische Partei das Amt des Bürgermeisters mit einem Oberwarter besetzt hätte. In diesem Falle wäre nämlich das nicht vorgekommen, was in der jüngsten Vergangenheit vorgekommen ist. Ein Oberwarter als Bürgermeister hätte nämlich niemals die Oberwarter Wirtschaftstreibenden mit der Einführung der Lohnsummensteuer geschädigt und ein Oberwarter als Bürgermeister hätte niemals bei einer Linzer Firma Glühbirnen für die Stadtgemeinde eingekauft.” (Dkfm. Lemacher wurde bei der letzten Gemeinderatssitzung von der OeVP scharf angegriffen, weil er unter Umgehung einer Oberwarter Firma Glühbirnen in beträchtlicher Zahl bei einer Linzer Firma gekauft hat). Eine weitere Ungeschicklichkeit beging dann noch der sozialistische Fraktionsführer Muth, der dem Nationalrat Dr. Nemecz vorwarf, daß er mit dieser Aeußerung in seiner Rede politisches Kapital schlagen wollte. Auch er bekam die verdiente Antwort. Nationalrat Dr. Nemecz verwies darauf, daß die SPOe einen Bundesminister mit einer Geschmacklosigkeit empfing (vor dem roten Parteilokal quer über die Straße war ein großes Spruchband mit der Aufschrift „wir grüßen Hurdes, wählen aber Körner” angebracht) und daß in der Nacht vor der Wahl sämtliche OeVP-Plakate abgerissen wurden. Man habe der OeVP berichtet, daß Bürgermeister Lemacher, der Fraktionsführer Muth und der Leiter des Baubezirksamtes, Ing. Wagner, diejenigen waren, die selbst eigenhändig an dieser Aktion teilgenommen haben, doch habe Dr. Nemecz in seiner Fraktion sofort erklärt, daß er dies nicht glaube, denn diese Herren geben sich bestimmt nicht für solche Lausbübereien her. Die OeVP hat ihr Versprechen, den Wahlkampf anständig und fair zu führen, eingehalten und die OeVP-Fraktion hat auch bei den Gemeinderatssitzungen niemals einen ungebührlichen Ton angeschlagen. Herr Muth solle sich nicht gleich beleidigen, wenn man ihn als Nicht-Oberwarter bezeichnet, denn schließlich und endlich hat er vor drei Jahren von der Existenz der Stadt Oberwart überhaupt noch nichts gewußt. (Der Fraktionsführer der SPOe Muth erhielt vor zwei Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft). Auch das Wort „Elemente” ist keine Beleidigung, müßten sich doch ansonsten auch die Besatzungsmächte beleidigt fühlen, die sogar im amtlichen Sprachgebrauch als „Besatzungselemente” bezeichnet werden. Die Gemeinderatssitzung vom 11. Mai 1951 hat auf jeden Fall den eindeutigen Beweis erbracht, daß die SPOe auch in Oberwart nicht gewillt ist, mit der OeVP zusammenzuarbeiten, sondern auf Grund ihrer knappen Mehrheit nunmehr eigenmächtig zu herrschen".

JAHR DER ENTSTEHUNG

1951

ANGABEN ZUR HERKUNFT DES BILDES

Hochgeladen von: Tillfried SCHOBER

Herkunft des Bildes: © ÖNB – ANNO: Historische österreichische Zeitschriften und Zeitungen

Kommentare

Sie haben eine Frage zu dem Bild oder möchten einen Kommentar dazu abgeben? Registrieren Sie sich bitte mit Namen und Email-Adresse bzw. melden Sie sich unter LOGIN an, wenn Sie schon registriert sind.

REGISTRIEREN oben