Michael Rosenberg sollte Dr. Felix Blau 1932 nach seinem Tod als Rabbiner ersetzen, was allerdings mit Komplikationen verbunden war, da Michael Rosenberg (geb. 1904 im heutigen Lettland) kein österreichischer Staatsbürger war. Seit dem 7. Juni 1932 arbeitete er als Vorbeter („Kantor“), Religionslehrer und Schächter. Letztendlich erhielt er doch im Folgemonat eine Aufenthalts- und Anstellungsbewilligung. Nachdem Rosenberg allerdings keinen „Inländerstatus“ hatte, musste die Kultusgemeinde immer wieder um eine Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung ansuchen. Die Israelitische Kultusgemeinde wollte Rosenberg eine fixe Anstellung als Rabbiner gewähren, welche er schließlich für einen Zeitraum von einem Jahr bis zum 31. Dezember 1937 bekam, jedoch nur unter der Bedingung, einen „inländischen Ritualfunktionär“ auszubilden, welcher ihn selbst ersetzten würde. Ein weiteres Ansuchen der IKG im Jahr 1938 wurde von der nationalsozialistischen Reichsstatthalterei abgelehnt, woraufhin Rosenberg vermutlich im Mai 1938 nach Wien und von dort aus nach Ungarn floh. Näheres ist über das Verbleiben von Michael Rosenberg nicht bekannt. - Anders als in den meisten anderen burgenländischen Gemeinden lässt sich in Oberwart (ung. Felsöör) erst ab den 1820-er Jahren eine jüdische Population nachweisen; 1868 gründete sich in Oberwart eine Filialgemeinde der israelitischen Kultusgemeinde von (Stadt)Schlaining. - Die wirtschaftliche Entwicklung Oberwarts zum regionalen Markt- und Handelszentrum ließ jüdische Familien zuziehen, vor allem aus Schlaining; auch die neue Eisenbahnanbindung des Ortes verstärkte noch die Tendenz zur Ansiedlung. Die zugezogenen Juden waren dann maßgeblich am damals prosperierenden Wirtschaftsleben der Stadt beteiligt; so war z.B. der Handel mit Textilien von jüdischen Gewerbetreibenden dominiert. – 1904 konnte eine Synagoge gebaut und eingeweiht werden. - Ende des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl der in Schlaining lebenden Juden stark ab, dagegen wuchs die Zahl der Juden in Oberwart. Jahre später setzten die Oberwarter Juden ihren Anspruch auf den Status einer autonomen Kultusgemeinde durch. Sie bildeten ab 1930 offiziell eine selbstständige Gemeinde, der Rabbiner von Schlaining, Dr. Felix Blau, war bereits Anfang der 1920-er Jahre nach Oberwart übergesiedelt. - Zu Beginn der 1930-er Jahre verdienten die Oberwarter Juden ihren Lebensunterhalt vornehmlich als Händler; insgesamt gab es 15 Kaufleute, daneben auch einige Handwerker und Freiberufler. Sie waren weitgehend in die kleinstädtische Gesellschaft integriert, was beispielhaft Mitgliedschaften in lokalen Verbänden und Vereinen belegen. Die meisten ihrer Geschäfte und Wohnungen lagen in der Hauptstraße. - In Oberwart und seinem Umland erhielt die NSDAP ab Mitte der 1930-er Jahre starken Zulauf; doch waren Übergriffe auf jüdische Bewohner bis Frühjahr 1938 eher die Ausnahme gewesen. 1938 endete dann das jüdische Gemeindeleben in Oberwart abrupt, denn unmittelbar nach dem sog. „Anschluss“ wurden die jüdischen Kaufleute gezwungen, ihre Geschäfte aufzugeben und zusammen mit ihren Familien zu verlassen fliehen. Der Besitz der Kultusgemeinde ging zwangsweise in Kommunaleigentum über; dazu gehörte auch das Synagogengebäude, das zum Feuerwehrgerätehaus umfunktioniert wurde. Im Juli 1938 vermeldete „Die Tagespost“ in ihrer Ausgabe, dass im Burgenland „die Juden … zur Gänze verschwunden“ seien. Über das weitere Schicksal der Juden Oberwarts ist wenig bekannt; einige Familien konnten - via Wien - in überseeische Länder emigrieren. Diejenigen, denen eine Flucht bzw. Ausreise ins Ausland nicht mehr glückte, sind vermutlich dem Holocaust zum Opfer gefallen. - Nur der Friedhof und das ehemalige Synagogengebäude erinnern heute noch an die frühere jüdische Gemeinde in Oberwart. In den 1990-er Jahren wurde das einstige Synagogengebäude zur Zentralmusikschule umgebaut, zuvor war es ab 1938 als Feuerwehrgerätehaus genutzt worden. Die restaurierte Fassade ähnelt der der einstigen Synagoge. Am Gebäude erinnert eine Gedenktafel mit den Worten „Zum Gedenken an den Leidensweg unserer ehemaligen jüdischen Mitbürger. - Hier stand ihr Bethaus. - Es wurde 1938 von den Nationalsozialisten zerstört.“
Hochgeladen von: Simon HOSEMANN
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