Die Zeitung schreibt am 18. März 1934: „Generalversammlung des Oberwarther Gewerbevereines. Am 11. d. hielt der Oberwarther Gewerbeverein in seinem Vereinsheim Hotel Neubauer in Oberwarth seine diesjährige Generalversammlung ab. Obmann Nika begrüßte die Erschienenen und gedachte eingangs seiner Rede der verstorbenen Mitglieder Kommerzialrat Karl Varga, Johann Wehofer und Michael Simon. Die Versammlung erhob sich zum Zeichen der Trauer von den Sitzen. In seiner weiteren Ausführung sprach der Obmann die Hoffnung aus, daß sich durch den Umschwung der politischen Verhältnisse auch die Wirtschaftslage bessern dürfte. - Sodann verlas Schriftführer Zimmermann das Protokoll der letzten Generalversammlung vom 26. März 1933, worauf Obmann Nika den Tätigkeitsbericht für das abgelaufene Vereinsjahr erstattete. Der Mitgliederstand betrug 200, gestorben sind drei, ausgetreten neun, neu beigetreten ein Mitglied. Von den Vereinsmitgliedern sind 190 ordentliche und zehn unterstützende. Versammlungen fanden eine ordentliche, sieben Ausschußsitzungen und eine Festsitzung anläßlich der 25-Jahrfeier des Vereines statt, welch letztere am 6. August im Vereinsheim Hotel Neubauer abgehalten wurde. Die Sterbekasse hat einen Stand von 108 Mitgliedern, zwei Mitglieder sind ausgetreten. Wie alljährlich wurden auch im abgelaufenen Berichtsjahre dem Verschönerungsverein 60 Schilling überwiesen. Wegen der Wirtschaftskrise wurde von Veranstaltungen Abstand genommen und fand deshalb der Gewerbeball mit dem Gesangvereinsball zusammen statt. Durch eine Sammlung im Rahmen des Gewerbevereines konnte ein Betrag von 85 Schilling an fünf der ärmsten Gewerbetreibenden verteilt werden. All die vielen Vorsprachen und abgefaßten Schriftstücke im Laufe des Jahres zur Wahrung der Vereinsinteressen hier anzuführen ist wegen Raummangels unmöglich. Erwähnt sei nur eine Vorsprache bei Bürgermeister Sisko wegen Neuaufführung des Baues beim Gasthaus Luif, welche leider ergebnislos verlief und welche bei positivem Erfolg so manchem der Gewerbetreibenden Verdienst gegeben hätte. Ferner sei erwähnt eine Ehrung des treuen Mitgliedes Samuel Hutter. - Nach dem Tätigkeitsbericht erstattete Kassier Josef Schreiner den Kassabericht. An Einnahmen sind zu verzeichnen 501,90 Schilling, an Ausgaben 897,80 Schilling, das Defizit, das durch die Jubiläumsausgaben entstand, wurde vom Kassastand, der 2551,80 Schilling beträgt, gedeckt. Reservefonds der Sterbekassa 411,10 Schilling. Nachdem Kassenrevisor Mirtl die Richtigkeit der Kassenführung bestätigt hatte, dankte Obmann Nika dem Kassier für seine gewissenhafte Tätigkeit. Nachdem Ehrenobmann Kasper noch die geringe Vertretung des Gewerbestandes in der Gemeindestube bemängele hatte und besonders auf den gescheiterten Hotelbau in erbitterten Worten verwies, wurde zur Neuwahl des Ausschusses geschritten. Statt der verstorbenen Ausschußmitglieder wurde u. a. Privatier Johann Rusza gewählt. Der übrige Mitgliederstand des Ausschusses bleibt unverändert. - Über die Anlage des Vereinsvermögens referiert Ehrenobmann Kasper und beantragt, das Vermögen von 2.551 Schilling, Sterbekasse 441 Schilling, um jedes Ausborgen an einzelne Mitglieder zu vermeiden, der Gewerbegenossenschaft zur Verfügung zu stellen, nachdem der Bau eines Eigenheimes für den Gewerbeverein derzeit nicht in Frage komme. Obmann Vörös der Gewerbegenossenschaft ergreift das Wort und teilt mit, daß die Genossenschaft noch eine Schuldenlast von 28.000 Schilling zu 10 Prozent plus 1,4 Prozent Rentensteuer zu tilgen habe und würde das Geld des Gewerbevereines, zu 7 Prozent verzinst, sowohl eine bessere Verzinsung für den Gewerbeverein als auch gleichzeitig eine Hilfe für die Genossenschaft bedeuten. Nächstem noch Obmann Nika über die Angelegenheit referiert hat, wird die Ueberweisung eines Betrages von 2000 Schilling von dem Gewerbeverein auf fünf Jahre an die Gewerbegenossenschaft beschlossen. - Eine überraschende Ehrung wird nun dem seit 20 Jahren tätigen Vereinskassier Schreiner. Der Männergesangverein Oberwarth mit seinem tüchtigen Chormeister Mühl brachte aus diesem Anlasse das Lied „Gott grüße dich" in vortrefflicher Weise zum Vortrag. Kassier Schreiner, dem auch ein schönes Ehrengeschenk überreicht wurde und den Obmann Nika in besonders lobenden Worten ehrte, dankte sichtlich gerührt für diese überraschende Ehrung allen Ausschußmitgliedern und jedem Sänger, worauf der Gesangverein noch das Lied: „Sonntag ist" vortrug. Nachdem noch Ehrenobmann Kasper sowie der Obmann des Gesangvereines Reisinger Kassier Schreiner in ehrenden Worten beglückwünscht hatten, schloß Obmann Nika mit Dankesworten die Versammlung, gleichzeitig Nationalrat Binder sowie Sekretär Perlaki, die inzwischen im Saale erschienen waren, begrüßend. - Nationalrat Binder ergriff sodann das Wort und schilderte die Entwicklung der Ereignisse von den Zeiten des Umsturzes und der Entstehung der Volkswwhr bis zum heutigen Tage, geißelte die Sozialisierungsbestrebungen der Nachkriegszeit und das Hinaufschrauben der hohen Lasten, die Unterbindung der Bautätigkeit durch den Mieterschutz, die mutwilligen Streiks und die langsame Säuberung der Betriebe, besonders auch der Eisenbahn von radikalen Elementen. Ferner kam er auf die Ursachen der Ausschaltung des arbeitsunfähigen Parlamentes zu sprechen, auch legte er in interessanter Weise die politischen Momente dar, die der Gestaltung der Grenzen des Burgenlandes maßgebend waren. Auch über die Unmöglichkeit eines derzeitigen Anschlusses an Deutschland kam der Redner zu sprechen, da derzeit eine Welt von Gegnern dagegen demonstrieren würde und damit der Untergang Oesterreichs besiegelt sei. Ein Hauptproblem sei derzeit eine Geldbeschaffung und Frieden im Lande, damit eine Belebung der Wirtschaft und besonders auch eine Bautätigkeit einsetzen könne, die allen, besonders dem Gewerbe Arbeit und Verdienst gebe. Nach einer Werbung und einem Aufruf, der Vaterländischen Front beizutreten, schloß Nationalrat Binder seine Ausführungen, für welche Obmann Nika den Dank aussprach, worauf die Versammlung ihr Ende fand“.
Hochgeladen von: Tillfried SCHOBER
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