Links Graf Ludwig v. Erdödy, rechts Karl Heigl; - In Oberwart lebte die Familie Heigl (OW 449 / Graf Erdödystraße 37). Janos Heigl, sein Vater, war Straßenwärter („Wegausräumer"), der mit der Schaufel die Straße entlangging und kleine Ausbesserungen vornahm. Die Mutter Maria (geb. Fülöp) war Pfarrersköchin beim reformierten Pfarrer. Sie war evangelisch H.B. In der Familie sprach man Ungarisch. Sie hatten sechs Söhne: Karl, Josef und Adolf sind nach Amerika ausgewandert, Rudolf, Johann und Alexander zu Hause geblieben. Vor dem Weltkrieg, wahrscheinlich von 1904-1910, war der Vater in Amerika, um mit dem Ersparten die große Familie zu ernähren. - Mit 15 Jahren kam Sohn Karl zu einem Bauern in Dienst nach Mariasdorf, zwei Jahre später auch sein Bruder Rudolf. Es ging ihnen nicht gut. Sie litten unter Läusen und mehr noch unter quälendem Heimweh. - Karl (geboren 1903) hat dann anschließend Kellner gelernt und kam 1919 zu Graf Erdödy nach Rotenturm. Zuerst wurde er überall eingesetzt, wo man ihn gebraucht hat. Später ist er Leibdiener des Grafen geworden. Er war ein stattlicher Bursche und hatte im Schloss eine angesehene Position. Bei festlichen Anlässen, wenn hohe Geistliche und Adelige gekommen waren, musste er in seiner feschen Kleidung und mit weißen Handschuhen an der Festtafel servieren. Sein Herr, Graf Ludwig, hatte damals das einzige Automobil im Bezirk Oberwart, ein Cabriolet, welches von einem seiner beiden Chauffeure gefahren und überall bestaunt wurde. Karl saß neben dem Grafen und trug auch immer eine Pistole. Der Graf blieb unverheiratet, war reich und großzügig und schenkte Karl sogar einen goldenen Ring. Schwer getroffen hat beide auch der Brand seines Schlosses 1924. Damals ist der Dachstuhl abgebrannt und viel wertvolles Inventar ist dabei verloren gegangen. In seinen letzten Lebensjahren ist der Graf dem Alkohol und dem Opium verfallen. Er war erst 36 Jahre alt, als er 1926 gestorben ist. Damit endete ein wesentlicher Lebensabschnitt des jungen Karl. Er verkaufte die goldene Zigarettendose und das Motorrad (dieses war 1926 erst das dritte im Bezirk Oberwart), welche ihm der Graf geschenkt hatte und fuhr im selben Jahr nach Amerika. - Wie tausende seiner Landsleute aus dem Bezirk Oberwart, hat auch er sich in Chicago niedergelassen. Er arbeitete in einer Fabrik, die Mundstücke für Trompeten erzeugt hat. Er hatte eine Frau aus Großpetersdorf, eine Tochter und einen Sohn, der sich im Alter von 18 Jahren für den Koreakrieg gemeldet hat und dort fiel. - Seine Brüder Adolf und Johann waren mittlerweile in Amerika verstorben. Die Verbindung mit daheim war locker geworden. Karl hatte noch immer das Bild seiner Heimat im Kopf und in seinem Herzen, so wie er sie 1926 verlassen hatte: Strohgedeckte Häuser, kotige Straßen, arme, aber liebenswerte und gastfreundliche Leute, seine Schulkameraden, Verwandte und Nachbarn. Sollte er diese Erinnerung so behalten oder nach Hause fahren und dann völlig anderes vorfinden? Schließlich entschloss er sich, heim zu fahren. War es Zufall oder Gedankenübertragung, dass gleichzeitig, als sein Onkel den Flug schon gebucht hatte, seine Nichte Dita eine dringende Einladung an Karl schrieb, wenigstens einmal noch nach Hause zu kommen. – Karl entschloss sich also zum Heimatbesuch und fand das geliebte Schloss in Rotenturm verfallen und heruntergekommen vor. Eine herbe Enttäuschung.
Hochgeladen von: Tillfried SCHOBER
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