Erinnerungn von Bgm. Michael Racz als Absolvent der "Handelsschule" im Jahr 1949

Erinnerungn von Bgm. Michael Racz als Absolvent der "Handelsschule" im Jahr 1949

Bild zum Jahrgang siehe Nr. #6286; - Michael Racz schreibt: "Es mag eigenartig klingen, dass anlässlich der Schuljubiläen der Handelsschule und der Handelsakademie ein ehemaliger Schüler der Städtischen Kaufmännischen Wirtschaftsschule Oberwart der Schuljahre 1947/48 und 1948/49 versucht, seine Erinnerungen an diese seine Schulzeit wach zu rufen. Keine Angst, hier handelt es sich nicht um einen Etikettenschwindel, sondern lediglich um den Hinweis darauf, dass die im Oktober 1928 in Oberwart vom Bezirksverband der Gewerbegenossenschaften gegründete Handelsschule infolge deren Auflösung im Jahre 1938 in die Zuständigkeit der Stadtgemeinde Oberwart überging und den damals geltenden Rechtsvorschriften gemäß „Städtische Kaufmännische Wirtschaftsschule" hieß. Erst ab dem Schuljahr 1952/53 hatten die „Kaufmännischen Wirtschaftsschulen" auf Grund eines Erlasses des Bundesministeriums für Unterricht als „Handelsschulen " bezeichnet zu werden. - Nach dieser kurzen Begründung, warum ich nicht Absolvent der Handelsschule Oberwart bin, die erst mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1973 vom Bund übernommen worden ist, möchte ich einige Blicke in der Öffentlichkeit auf diese Zeit meines nunmehr fünfundsiebzigjährigen Lebens zurückwerfen; immerhin hat mich diese Schulausbildung wesentlich mitgeprägt und mir nicht nur Fachkenntnisse, sondern auch - wie ich meine - positive Charaktereigenschaften vermittelt. - Als fünfzehnjähriger Absolvent der Hauptschule in Rechnitz hatte ich keine besonders günstigen Möglichkeiten einer Berufswahl, zumal nach Ende des zweiten Weltkrieges die wirtschaftlichen, finanziellen, aber auch politischen Verhältnisse - wegen der russischen Besatzungsmacht - ziemlich niederschmetternd waren. Die Unfreiheit war in jeder Hinsicht ein schwer zu ertragendes Los. - Das Jahr 1945 brachte nicht nur das Ende des schrecklichsten Krieges unseres Kontinentes, sondern auch den gänzlichen Zusammenbruch Hitler­Deutschlands, aber auch das Wiedererstehen unseres Heimatlandes Österreich. In dieser Situation des Bangens und Hoffens entschlossen sich meine Eltern mich in die Kaufmännische Wirtschaftsschule nach Oberwart zu schicken, weil sie meinten, eine gute Schulbildung sei die beste Grundlage für den Einstieg in das Berufsleben, dessen Aussichten sich damals leider nicht verheißungsvoll abzeichneten. - Im Hinblick darauf, dass wir keine Schulbücher hatten und uns den Lehrstoff durch den Unterricht und die Mitschrift der Vorträge unserer drei Lehrer aneignen mussten, waren wir Schüler sehr gefordert, da wir unsere Aufzeichnungen aus dem vormittägigen Unterricht in Reinschrift zu bringen und natürlich auch zu lernen hatten. - Die Aneignung der Kurzschrift in verhältnismäßig kurzer Zeit gereichte uns bei dieser Methode des Lernens zum Vorteil. Aber auch der Unterricht in Maschinschreiben erforderte unseren Einfallsreichtum, weil die für zwei Klassen zur Verfügung stehenden drei alten Schreibmaschinen den Schülern/Innen der Abschlussklasse vorbehalten blieben, während in der ersten Klasse vorerst auf Tastaturen geübt werden konnte, die auf Pappkartons aufgezeichnet worden sind. - Unsere Lehrer, die wir als „Herr Professor" anzusprechen hatten und diese uns wiederum per „Sie" ansprachen, waren sehr bemüht, uns das nötige Rüstzeug für unser Berufsleben mitzugeben. Diese waren die Herren Direktor Diplomkaufmann (Dkfm.) Josef Lehmacher, (in Deutsch und Kaufmännisches Rechnen), Dkfm. Johann Faßl (in den kaufmännischen Fächern Betriebskunde, Buchhaltung, Schriftverkehr und Bürgerkunde) und Dkfm. Kurt Weschütz (in Englisch, Wirtschaftsgeographie, Warenkunde, Kurzschrift, Maschinschreiben und Geschäftsschritt). - Diese zwei Klassen in der Städtischen Kaufmännischen Wirtschaftsschule in Oberwart waren sowohl für mich als auch für meine zwölf Mitschüler und sechzehn Mitschülerinnen eine harte Zeit der Bewährung, die uns jedoch bei aller Aussichtslosigkeit einer erfreulichen Berufskarriere nicht mutlos machte. Wie Recht unser Klassenvorstand Dkfm. Faßl doch hatte, als er bei unserer Verabschiedung darauf hinwies, dass wir uns wohl auf das Leben im Beruf vorbereitet hätten, jedoch nur schwer unterkommen würden. Zum Schulschluss am 2. Juli 1949 hatte lediglich eine Mitschülerin einen Posten als Angestellte bei der „Südburg". Wenn Mitabsolventen/Innen nicht im elterlichen Betrieb beschäftigt worden sind, waren sie kaum in der Lage eine der Schulbildung entsprechende Erwerbsbeschäftigung zu bekommen. Direktor Dkfm. Lehmacher meinte bei unserer Verabschiedung, es werden noch Zeiten kommen, dass es der Matura bedürfen wird, um eine Lehrstelle zu bekommen. Fast hätte er mit seiner prophetischen Sicht richtig getippt. - Wir zählten zu einer Generation, die an den Herausforderungen gewachsen und mit Mut und Zuversicht ihren Weg gegangen ist, der dank unseres totalen Einsatzes meist erfolgreich war. Nicht zuletzt verdanken wir dies unseren Professoren, derer ich mich gerne mit größtem Respekt und Dank erinnere. - Michael Racz, Linke Bahnzeile 1b, 7400 Oberwart"

JAHR DER ENTSTEHUNG

2008

ANGABEN ZUR HERKUNFT DES BILDES

Hochgeladen von: Tillfried SCHOBER

Herkunft des Bildes: © Dokumentation 50 HAK / 80 HAS Oberwart

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